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Nachdem du in Teil 1 die wesentlichen Unterschiede zwischen Beratern, Coaches und Co kennengelernt hast, geht es hier um Berufsgruppen, die in Ausnahmesituationen helfen. Du bekommst eine Übersicht über folgende Berufe und erfährst, worauf du achten solltest, wenn du dir Unterstützung oder Begleitung wünschst.
10. Mediator
11. Therapeut
Psychologe
Psychiater
Psychotherapeut
Psychologischer Psychotherapeut
Ärztlicher Psychotherapeut
Kinder- und Jugendlichentherapeut
Heilpraktiker für Psychotherapie
12. Seelsorger
13. Psychosoziale Notfallversorgung
14. Selbsthilfe
15. Worauf achten bei der Auswahl?
16. Verwendete Quellen
10. Mediator
In der Mediation geht es darum, Konflikte außerhalb von Gerichtsverfahren zu einer Lösung zu bringen. Der Mediator fungiert dabei als neutraler Vermittler für konstruktive Konfliktbearbeitung. Basis dieser Arbeit sind Vertraulichkeit, Eigenverantwortlichkeit und Freiwilligkeit. Der Mediator hat keine Entscheidungsbefugnis (wie es beispielsweise ein Richter hat). Gesetzlich geschützt ist die Bezeichnung zertifizierter Mediator, die im Mediationsgesetz geregelt ist.
11. Therapeut
Therapeutische Berufe sind nur unter bestimmten Voraussetzungen geschützt und lassen sich grundsätzlich in den Heilberufen einordnen. Berufe, die eine staatliche Anerkennung brauchen, sind Physiotherapie, Sprachtherapie, Ergotherapie und Motopädie, ebenso unterliegen Ärzte, Heilpraktiker und Psychotherapeuten einer geschützten Berufsbezeichnung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Therapieformen, die zum Teil zwar gut erforscht sind, jedoch nicht unbedingt etwas über die Qualifikation des einzelnen Therapeuten aussagen. Fun Fact: Mit einem kreativen Zusatz kann sich letztlich jeder Hanswurst Therapeut nennen.
Weil auch hier immer wieder Verwirrung herrscht, noch ein kurzer Exkurs in Begriffsdefinitionen zum klareren Verständnis:
Psychologe:
Psychologie als empirische Wissenschaft befasst sich mit der Erforschung menschlichen Erlebens und Verhaltens und hat damit so viele Anwendungsgebiete wie es Lebensbereiche gibt. Dein gesamter Alltag ist durchdrungen von Psychologie, ohne dass du es unbedingt merkst, insbesondere, wenn es um dein Kaufverhalten a.k.a dein Geldgeht. Bei entsprechender Ausbildung im Anschluss an ihr reguläres Studium können Psychologen als Psychotherapeuten arbeiten. Ebenso natürlich auch in den weiter oben beschriebenen Feldern, coachend, beratend, supervidierend tätig sein. Der Begriff Psychologe ist geschützt.
Psychiater
Psychiatrie ist eine medizinische Fachrichtung, das heißt der Mediziner hat nach seinem Studium eine entsprechende Facharztausbildung über mehrere Jahre absolviert. Er kann niedergelassen oder im klinischen Setting arbeiten und darf Medikamente verschreiben. Psychotherapie ist Bestandteil der Facharztausbildung. Eigenständige Fachrichtungen und damit davon abzugrenzen sind Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapiesowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Psychotherapeut
Es sind vier psychotherapeutische Verfahren zugelassen, die sich in ihrer Herangehensweise und Zielsetzung unterscheiden:
Verhaltenstherapie
tiefenpsychologisch fundierte Therapie
Analytische Therapie
Systemische Therapie
Diese dürfen von folgenden Personen ausgeübt werden.
Psychologischer Psychotherapeut
Nach Abschluss des Psychologiestudiums können die Absolventen eine im Psychotherapeutengesetz geregelte mehrjährige Ausbildung in Voll- oder Teilzeit machen, mit deren erfolgreichem Abschluss sie die Approbation erhalten. Dadurch sind sie berechtigt, psychische Erkrankungen und Störungen zu behandeln, dürfen aber keine Medikamente verschreiben. Sie unterliegen den Heilberufsgesetzen der jeweiligen Länder. Sie können mit Kassenzulassung arbeiten, oder ihre Leistungen privat abrechnen.
Ärztlicher Psychotherapeut
Nicht jeder Psychiater arbeitet auch als Psychotherapeut, jedoch können Ärzte auch psychotherapeutisch arbeiten. Im besten Fall interdisziplinär, um organische Erkrankungen auszuschließen bzw. aufzudecken. Es sind Ärzte der oben genannten drei psychotherapeutischen Fachrichtungen, die niedergelassen oder im klinischen Setting arbeiten können.
Kinder- und Jugendlichentherapeut
Als Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten können sich nicht nur Ärzte und Psychologen ausbilden lassen, sondern auch Pädagogen mit entsprechendem Studium. Sie behandeln bis zum Alter von einundzwanzig Jahren und sind spezialisiert auf die besonderen Herausforderungen der Behandlung innerhalb der verschiedenen Lebensphasen von Heranwachsenden.
Heilpraktiker für Psychotherapie
Heilpraktiker für Psychotherapie ist ein geschützter Begriff. Die Voraussetzungen sind das Mindestalter von fünfundzwanzig Jahren, ein Hauptschulabschluss sowie die nachgewiesene Eignung durch Prüfung beim Amtsarzt. Klingt jetzt in der Theorie erstmal lau, in der Praxis haben diese Prüfungen eine hohe Durchfallquote, sodass nur diejenigen bestehen, die sich ernsthaft vorbereitet haben. Es gibt verschiedene Anbieter für Prüfungsvorbereitungskurse.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig Klarheit verschaffen!
12. Seelsorger
Die Seelsorge dient als Beistand in schwierigen Situationen und hat begleitende und beratende Funktionen. Sie findet vorrangig im kirchlichen Kontext statt und steht jedem Menschen, unabhängig von seinen religiösen Überzeugungen offen. Jedes offizielle Geistige Oberhaupt steht für Seelsorge zur Verfügung, sie ist damit eingebunden in die Glaubensgemeinde und verfolgt keine eigenen Zwecke und Ziele. Seelsorge erfolgt auf Basis eines religiösen Menschenbildes und bedeutet Fürsorge aus Barmherzigkeit und Liebe zum Menschen. Seelsorger arbeiten auch in Krankenhäusern oder für karitative Einrichtungen. Auch im beruflichen Kontext kann sie eine wichtige Ressource sein, insbesondere für Menschen, die in helfenden Berufen mit Ausnahmesituationen konfrontiert sind (z.B. medizinisches Personal, im Feuerwehr- und Rettungsdienst, Polizei, Justiz, Strafvollzug etc.).
13. Psychosoziale Notfallversorgung
Die psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) ist eine Aus- und Fortbildung, bei der sowohl akut als auch präventiv gearbeitet wird. Das kann z.B. im Rahmen von Großschadensereignissen wie der Flutkatastrophe im Sommer 2021 passieren. Es gibt verschiedene Anbieter für diese Fortbildungen, die ähnlich wie Erste Hilfe als Grundlagenausbildung von jedem absolviert werden kann. Darüber hinaus gibt es für Fachkräfte spezifische Weiterbildungen, z.B. in der Krisenintervention oder als kollegialer Ansprechpartner.
Seit einigen Jahren gibt es auch in Deutschland das aus Kanada stammende Konzept der Mental Health First Aid. Ziel hierbei ist, dass jeder Erste Hilfe im psychischen Kontext leisten kann. Dafür wird Grundlagenwissen vermittelt, sodass die Teilnehmer Basiswissen zu psychischen Störungen und konkrete Erste-Hilfe-Maßnahmen bei unterschiedlichen psychischen Problemen und akuten Krisen lernen.
14. Selbsthilfe
Der Selbsthilfe kommt eine nicht unbedeutende Rolle im Bereich seelischer Krisen zu. Hierunter versteht man eine nicht-professionelle Hilfe die individuell oder im Gruppensetting stattfinden kann. Ein Format mit weltweiter Bekanntheit sind z.B. die Anonymen Alkoholiker, ebenso fällt die Telefonseelsorge darunter. Auch die vielfältigen Informationen zu unterschiedlichsten Themen im Netz können als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden, so ist zumindest das Selbstverständnis dieses Blogs.
Eine Initiative, die mir sehr am Herzen liegt, sind die Freunde fürs Leben. Sie informieren über Suizid (Selbstmord) und Depressionen, um Aufmerksamkeit und Verständnis für die Signale und Hilferufe zu schaffen. Ich durfte die Vereinsgründerin interviewen, was ein sehr spannendes Gespräch ergeben hat:
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In den vergangenen Jahren hat sich außerdem vermehrt das Peer-to-Peer-Mentoring etabliert. Hier klären Ehemalige (Konsumenten, Straffällige, Gewalttäter etc.) insbesondere Jugendliche darüber auf, wohin der eingeschlagene Weg führen kann. An dieser Stelle möchte ich dich gerne auf Roman vom Podcast Sucht und Ordnung aufmerksam, dessen Herz für die Prävention schlägt. Ich hatte die Ehre, seiner Einladung folgen und ein spannendes Gespräch über Energie führen zu dürfen:
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15. Worauf achten bei der Auswahl?
Wenn du dich von einem Profi begleiten lassen möchtest, werde dir zunächst einmal darüber klar, warum und wofür. Hast du den Verdacht, dass bei dir eine psychische Erkrankung vorliegen könnte? Beispielsweise, weil es in deiner Familie gehäuft verkommt oder du dich in Definitionen wiederfinden konntest? Dann solltest du dich mit einem Psychotherapeuten in Verbindung setzen, der eine professionelle Einschätzung vornehmen kann. Leider haben diese oft lange Wartelisten, was die Suche - insbesondere in Krisensituationen - erheblich erschweren kann. In diesem Fall könntest du dich zusätzlich an deinen Hausarzt wenden, der u.U. Kontakte und einen Überblick über deren freie Kapazitäten hat. Außerdem ist der Weg über die Kassenärztliche Vereinigung in deinem Bundesland eine Möglichkeit, um kurzfristig ein Erstgespräch zu bekommen. Online kannst du die Therapeutensuche auch nach Wartezeit eingrenzen. Auch deine Krankenkasse kann dich im persönlichen Gespräch beraten und unterstützen. Wenn du nachweisen kannst, dass du bereits eine bestimmte Anzahl von Absagen erhalten hast, kann die Kasse auch eine private Therapie übernehmen. Außerdem können in diesem Feld auch der psychosoziale Dienst, Erziehungsberatungsstellen und psychologische Notfalldienste weiterhelfen. Kostenfrei und auf Rezept gibt es auch ein evidenzbasiertes Online-Format Namens Selfapy.
Wenn du neue Skills lernen möchtest, bzw. dein Bedarf nicht im psychotherapeutischen Bereich liegt, schau dir deinen ausgesuchten Profi an:
Was möchtest du lernen, wobei benötigst du Begleitung?
Wird dein Themenfeld abgedeckt?
Über welche Erfahrungen und Qualifikationen verfügt er?
Was wünschst du dir in der Zusammenarbeit?
Und immer: was sagt dein Bauchgefühl? Eine erfolgreiche Zusammenarbeit hat immer als wesentlichen Faktor eine tragfähige professionelle Beziehung zur Grundlage. Daher sollte die Chemie zwischen euch stimmen. Also: trust your gut, dein Bauchgehirn heißt nicht ohne Grund so!
In diesem Sinne möchte ich diesen Beitrag schließen mit einem für mich so wichtigen Rat, den ich vor Jahren in der Sterbebegleitung meines Schwiegervater von der Seelsorgerin im Krankenhaus bekommen habe. Sie sagte: “Man darf die Verantwortung nicht an der Klinik-(oder Praxis-)pforte abgeben.”
Pass gut auf dich auf,
16. Verwendete Quellen:
Bartonek, S., Ziegler, V.: Tutoring und Coaching als Methoden des Mentorings beim Berufseinstieg von Lehrpersonen. Open Online Journal for Research and Education Special Issue #15, July 2019, ISSN: 2313 - 1640. Abgerufen unter: https://www.researchgate.net/publication/334139584_RE-SOURCE_Tutoring_und_Coaching_als_Methoden_des_Mentorings_beim_Berufseinstieg_von_Lehrpersonen
Begriffserklärungsseite Meisterklasse: https://de.wikipedia.org/wiki/Meisterklasse
Begriffserklärung Psychotherapie: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/psychotherapie
Schwahn, Dr. B.: Was ist Seelsorge? abgerufen unter: https://www.ekd.de/was-ist-seelsorge-64624.htm
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: Psychosoziale Notfallversorgung: Qualitätsstandards und Leitlinien Teil I und II. 3. Auflage 2012: https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Mediathek/Publikationen/PiB/PiB-07-psnv-qualitaet-stand-leitlinien-teil-1-2.pdf?__blob=publicationFile&v=6
Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching: Basiswissen. https://www.dgsv.de/services/praktische-hinweise/basiswissen/
Bundesverband Mediation: Was ist Mediation? https://www.bmev.de/mediation/was-ist-mediation.html
Haufe Online-Redaktion (2016): Die Ausbildung zum Mediator ist endlich geregelt. https://www.haufe.de/recht/kanzleimanagement/die-ausbildung-zum-zertifizierten-mediator-ist-endlich-geregelt_222_375430.html